Griechisch

Inhaltsverzeichnis
Themen des Unterrichtsfachs Griechisch
Argumente für Griechisch
Unterrichtsablauf
Häufige Fragen / FAQ

Themen des Unterrichtsfachs Griechisch

Götter, Helden, Mythen
Schon in den frühesten Dichtwerken des Abendlandes steht der Mensch als Persönlichkeit, mit all seinen Sehnsüchten, Bedürfnissen und Ängsten im Vordergrund. Homer berichtet uns in seiner Ilias und Odyssee über die Menschen im trojanischen Krieg, ihre Heldentaten und ihren Übermut, den Zorn des Achilleus und Odysseus´ abenteuerreiche Reise in seine Heimat. Die Götter spielen bei Homer eine wichtige Rolle: Während der blitzschwingende Zeus versucht, im Krieg um Troja neutral zu bleiben, ergreifen die anderen Götter Partei, helfen ihren menschlichen Günstlingen und kämpfen sogar selbst auf dem Schlachtfeld. Sind sie verantwortlich für das Glück und Unglück der Menschen?

Bei Homer werden die Götter anthropomorph (übers.: menschenähnlich) dargestellt, nicht nur der Gestalt nach, sondern auch nach ihrem Verhalten: Sie essen und schlafen, zerstreiten und versöhnen sich wieder. Nicht selten zeigen sie sich auch von ihrer schlechtesten Seite: Wie die Menschen kennen sie auch Scham, Zorn und Eifersucht, sogar grausame Rachetaten begehen sie.

Schon bald wurde dieses eher naive Götterbild kritisiert. Die Ansichten über sie wandelten sich, doch die Mythen blieben: Fantastische Geschichten, die die Hoffnungen und Ängste der Menschen widerspiegeln und zum Nachdenken anregen sollen.

So hatte es Herakles, einer der unehelichen Söhne des Zeus, nicht leicht: Als junger Mann zog er ziellos durch das Land, um sich über seinen weiteren Lebensweg klar zu werden. An einer Wegkreuzung begegneten ihm zwei Frauen: Die eine in schlichter Schönheit, die andere mit kostbaren Gewändern geschmückt und überreichlich geschminkt. Letztere stellte sich Herakles zuerst vor: Ihr Name sei Kakia (Schlechtigkeit), und wenn er ihren Weg wähle, dann werde er niemals Not leiden, sondern ein Leben voller Genüsse führen. Danach ergriff Arete (Tugend) das Wort: Auf ihrem Weg werde ihm viel Leid widerfahren, doch sei dies der Preis für die Liebe und Verehrung der Menschen. Für welchen Weg sollte sich Herakles entscheiden?

Auch wenn diese Geschichte erst lange nach Homer erfunden wurde, zeigt sie doch Folgendes: Die Griechen erkannten, dass der Mensch mehr als nur Spielball der Götter ist: Er kann selbst Entscheidungen treffen.

Naturwissenschaften und Philosophie
Die Griechen besaßen gewaltigen Forscherdrang, bereisten den ganzen Mittelmeerraum, gründeten zahlreiche neue Städte und pflegten regen Austausch mit ihren vielen neuen Nachbarvölkern. Dies beschränkte sich nicht nur auf materielle Güter: Begeistert lernten sie von fremden Zivilisationen deren Kultur, Weltanschauung und Religion.

Dass vieles davon nicht mit ihrem Götterbild übereinstimmte, brachte sie zum Nachdenken: Es entwickelte sich eine Skepsis gegen alte Erklärungsmuster, die ihren Ursprung stets im göttlichen Wirken hatten; die ersten Philosophen suchten nach Welterklärungsmodellen, die auf natürlichen Ursachen beruhen.

Somit war durch die griechischen Philosophen der Grundstein für das wissenschaftliche Denken an sich gelegt: Denn ihre Methode war die Naturbeobachtung – sie waren gewissermaßen die ersten Physiker (gr. physike: Naturwissenschaft) – und wollten physikalische Phänomene durch natürliche Kausalitäten erklären: Dass beispielsweise ein Blitzsturm eben nur Folge eines göttlichen Wutanfalls ist, das wollten diese Naturphilosophen nicht mehr glauben.

Auf kreative Weise entwickelten sie dabei interessante Thesen, die aufeinander aufbauen und durchgehend diskutiert, widerlegt, verbessert wurden.

Z.B. beobachtete Thales, dass jedes Lebewesen Wasser benötigt und beim Tod vertrocknet. Daraus schloss er: Wasser ist das eine Urelement, aus dem alles entstand und besteht. Erdbeben seien nicht mehr das Wirken des Erderschütterers Poseidon, sondern dadurch bedingt, dass einzelne Landmassen auf dem Wasser schwimmen und gelegentlich zusammenstoßen, so wie Kähne auf dem Meer.

Anaximander vermutete, dass alles Leben ursprünglich aus dem Meer stamme, und begründete als erster eine Theorie der Evolution. Für Pythagoras bestand alles aus Zahlen. Demokrit und seine Nachfolger wähnten sogar, dass alles aus kleinsten, unzertrennlichen Teilchen („Atome“ gr. atomos, übers: unteilbar) bestehe.

Eine Aufklärungsbewegung erfasste durch den Sophismus die griechischen Städte: Die Sophisten waren umherziehende Lehrer, die vor allem die Kunst des Argumentierens unterrichteten und alles in Frage stellten: Gibt es einen Gott oder Götter? Oder haben die Menschen sie nur erfunden? Gibt es eine objektive Wahrheit? Oder schafft sich jeder eine eigene Realität?

Sokrates war ein erklärter Gegner des Relativismus der Sophisten, obwohl er, wie sie, „die Philosophie vom Himmel holte und beim Menschen ansiedelte“. Im Gegensatz zu den Sophisten gab es für ihn aber eine objektive Wahrheit, das Gute an sich, dem sich der Mensch annähern kann. Als Mittel hierfür galt ihm die Selbsterkenntnis, die nur durch regen geistigen Austausch erreichbar sei. Denn alles Denken und Lernen sah er als dialogischen Prozess, denn laut Sokrates sei ein jeder schon im Besitz der Wahrheit, sie müsse nur aus ihm herausgelockt werden. Sokrates sah sich als Hebamme, die durch geschicktes Fragen die Wahrheit und Erkenntnis zur Welt bringen kann.

So ging er regelmäßig in Athen umher und ‚quälte‘ seine Mitbürger mit Fragen wie: Nach welchen Werten soll der Mensch streben? Was ist Gerechtigkeit? Und wie lässt sie sich in der Gemeinschaft umsetzen?

Vielen, die glaubten, etwas zu wissen, bewies Sokrates, dass sie eben nichts wissen. Deshalb war er vielen ein Dorn im Auge, wurde sogar im hohen Alter noch angeklagt und zum Tode verurteilt. Er hätte die Möglichkeit gehabt, ins Exil zu gehen, doch stellte er sich lieber seinem Schicksal. Platon, sein Schüler, schrieb im Nachhinein eine fiktive Verteidigungsrede, in der er Sokrates’ Überzeugungen darlegte.

Zu Platons Philosophie gehören sehr prominente Konzepte, wie etwa die Ideenlehre und das berühmten Höhlengleichnis. Prominent ist Platon auch für seine Theorie des Idealstaats, in dem ein Philosophenkönig mithilfe eines Kastensystems herrscht und aller Besitz geteilt wird.

Spätere griechische Philosophenschulen, die bei den Römer großen Anklang fanden, beschäftigten sich vor allem mit dem Privatleben. Der Epikureismus lehrte das ‚lustvolle‘ Leben, in dem die Götter keine Rolle mehr spielten, was dem Namensgeber Epikur später den Vorwurf des Hedonismus einbringen sollte. Die pantheistische Lehre der Stoiker war dagegen auf Strenge und Pflichtbewusstsein ausgelegt. Doch eint beide Schulen, dass das Glück des einzelnen Menschen als höchstes Ziel und Gut angesehen wurde.

Die „Selbstbetrachtungen“ des römischen Kaisers und Stoikers Mark Aurel sind übrigens das einzige griechische Werk, das auf dem Boden des heutigen Österreich verfasst wurde.

Politik und Geschichtsschreibung
Als Vater der Geschichtsschreibung gilt Herodot, der ganze neun Bücher über die Geschichte der großen Völker verfasst hat, darunter der Ägypter, Babylonier, Äthiopier, Perser und Griechen. Er behandelte dabei nicht bloß historische Fakten, sondern auch Gebräuche, Religion und Mythen.

Einerseits tat er dies, um zu zeigen, dass diese Völker den Griechen gar nicht so fremd sind. Andererseits aber auch, um historische Konflikte zu erklären, vor allem die Perserkriege. Herodots mythenhafte Erzählungen über namhafte historische Gestalten, wie den reichen König Krösus und den Piratenherrscher Polykrates, wurden in der Weltliteratur vielfach rezipiert. Thukydides dagegen ist berühmt für seine quellenbasierte, wissenschaftliche Methodik und seine nüchternen, messerscharfen Analysen. Thematisch beschränkte er sich auf den peloponnesischen Krieg, der die ganze griechische Welt in Mitleidenschaft gezogen hatte.

Er sah sein Werk als einen Schatz für die Ewigkeit und wollte das zweifelhafte Wesen des Menschen in einer Ausnahmesituation darstellen. Berühmt ist beispielsweise der Melierdialog, in dem die Frage behandelt wird, ob ein militärisch mächtigerer Staat (Athen) das natürliche Recht habe, einen schwächeren Staat (die Insel Melos) anzugreifen.

Tragödie
Die Tragödie ist eine Form des Theaters, die wegen ihres kultischen Hintergrunds in der antiken griechischen Gesellschaft tief verwurzelt war. Im Zentrum stand immer der tragische Held, der sich – durch seine eigenen menschlichen Schwächen oder das unentrinnbare Schicksal – immer tiefer in einen Konflikt verstrickt, um an diesem zugrunde zu gehen. Ziel der Tragödie war die sogenannte Katharsis, die seelische Reinigung des Zuschauers.

Dabei wurden zeitlose Themen behandelt – Schuld und Sühne, Arroganz und Demut, Charakter und Schicksal – weswegen die griechischen Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides auch heute noch gerne inszeniert werden.

Beispielsweise setzt sich Sophokles’ „König Ödipus“ mit der Grundfrage nach der menschlichen Schuld auseinander. Nachdem Ödipus – ohne es zu wissen – seinen Vater getötet und seine eigene Mutter geheiratet hat, kommt er erst zu spät zur Erkenntnis seiner Verfehlung und sticht sich die Augen aus. Und im Werk „Antigone“ steht eine Frage im Zentrum: „Darf man Widerstand gegen einen ungerechten Staat leisten?“

Euripides war der Psychologe unter den Tragikern. Er suchte nach den Ursachen im Menschen selbst; dabei behandelte er auch gerne sozialkritische Themen. In seiner „Medea“ geht es etwa um Berechnung, Betrug, das Spiel mit den Gefühlen und blinde Rache: Medea ist keine klassische Heldin, sondern eine Rächerin, die sogar ihre eigenen Kinder tötet, um ihrem Mann Jason größtmögliches Leid zuzufügen.

Das Neue Testament
Die Bücher des Neuen Testaments wurden in ihrer originalen Form auf Griechisch verfasst. Davon zeugen noch viele bekannte Begriffe, wie zum Beispiel Evangelium (gr. euangelion: frohe Botschaft). Die Lektüre neutestamentarischer Texte im Original gewährt einen unmittelbaren Einblick in die Ursprünge des Christentums und macht die lange Entwicklungsgeschichte der Bibel deutlich. Doch gibt es auch genug Anknüpfungspunkte zur ‚heidnischen‘ Literatur: Ein Schwerpunkt des Unterrichts liegt in der historischen Sprachentwicklung des Griechischen. Außerdem gibt es viele thematische Überschneidungen: So übernahm der Apostel Paulus in seiner wirkmächtigen Areopagrede bedeutende Punkte der griechischen Philosophie und deutete sie im christlichen Sinn um.

Argumente für Griechisch

Griechisch ist die Wurzel der europäischen Identität
Die Griechen haben uns – ob uns das bewusst ist oder nicht – grundlegend geprägt, denn unsere gegenwärtige Kultur ist das Ergebnis eines reißenden Stroms der Geschichte durch die Jahrhunderte und –tausende hindurch, und die Quelle dieses Stroms, die geistigen Wurzeln europäischer Tradition und Identität, liegen zu einem sehr großen Teil in der griechischen Kultur.

Es beginnt beim Menschenbild: Die Griechen waren die ersten, die den Menschen als Individuum ansahen und dessen Rechte und Pflichten diskutierten. Intensiv setzten sie sich auch mit Fragen des Regierens und Zusammenlebens auseinander: Welche ist die beste Staatsform? Sollte sich jeder an der Politik beteiligen? Wie erreicht man sozialen Frieden? Was darf Kunst? Die griechischen Denker zeigten dabei, dass es lohnenswert ist, bekannte Denkmuster und Traditionen kritisch zu hinterfragen, sei es im politischen, weltanschaulichen oder religiösen Bereich. Daher werden im Unterricht auch keine fixen Antworten vorgegeben, sondern solche Themen gemeinsam beim Lesen der Texte diskutiert.

Die Demokratie ist ein griechisches Grundprinzip, das im Laufe der Zeit kritisch diskutiert wurde und vielen Herausforderungen trotzen musste. Die Beschäftigung damit schafft auch Verständnis für moderne politische Strukturen und sensibilisiert für gesellschaftliche Probleme. Der Griechisch-Unterricht leistet somit auch einen wichtigen Beitrag zur staatsbürgerlichen und persönlichen Bildung.

Griechisch fördert analytisches und kombinatorisches Denken
Übersetzen ist Problemlösen auf hohem Niveau: Jedes Wort wird einer sorgfältigen Analyse (übers.: Zerlegung) unterzogen: Vorsilbe, Wortstamm und Endung ermöglichen im Zusammenspiel eine genaue Begriffsdeutung und geben die Verwendung innerhalb der Satzstruktur an. Die einzelnen Wörter werden dann nach dem Baukastenprinzip wiederum zu einem logischen Satz verbunden. Diese Vorgehensweise, die bei der Übersetzung jedes griechischen Satzes trainiert wird, wird in vielen Arbeitsbereichen in ähnlicher Weise praktiziert, wie zum Beispiel auch beim Programmieren.

Zugleich wird das logische Denken auch bei der Betrachtung und Interpretation ganzer Sätze und Texte trainiert. Diese werden nämlich auf zwei Arten analysiert und interpretiert: einerseits textimmanent, andererseits vor dem kulturellen und geschichtlichen Hintergrund: Was sagt der Text aus und welcher sprachlichen Mittel bedient sich der Autor? Wie ist die Argumentation aufgebaut? Wie verhält sich dieser zu anderen Texten?

Typischerweise gilt für Griechisch: Klasse statt Masse. Die Texte sind in der Regel kürzer, werden aber umso intensiver behandelt. Der Griechisch-Unterricht vermittelt somit langfristige Qualifikationen für die weitere Ausbildung: Problemlösekompetenz, präzises Arbeiten und logisches Denken.

Griechisch fördert die Kompetenz im Deutschen
Griechisch besitzt, im Vergleich zu den anderen europäischen Sprachen, einen großen Formenreichtum, durch den sich Beziehungen zwischen den einzelnen Satzgliedern genauestens angeben lassen. Dadurch lernt man zugleich Umgang und Verständnis mit der eigenen Sprache, ihrer Grenzen und Möglichkeiten. Sprache ist immer begrenzt: Man kann sprachlich nicht ausdrücken, wofür die Formen fehlen. Durch das Griechisch-Lernen verschiebt sich diese Grenze.

Wortwörtliches Übersetzen ist meist möglich, aber nicht das Ziel des Unterrichts. Neben dem Verständnis für Text und Inhalt wird auch sprachliche Kreativität beim Übersetzen gefördert. Man entwickelt auch ein besseres Gespür für Rechtschreibung, da jeder einzelne Buchstabe einen kleinen, aber feinen Unterschied bedeuten kann.

Diskussionen über Grundprobleme der Menschheit / Persönlichkeitsbildung
Typisch für die alten Griechen war, dass sie sich vielfach Gedanken über existenzielle Grundfragen machten: Was bedeutet Glück? Wie treffe ich Entscheidungen? Wie soll man leben?

Die antiken Texte bieten hierzu vielfältige Denkmodelle an, die zur kritischen Reflexion anleiten. Gleichzeitig regt die Beschäftigung mit bisher unbekannten Ansichten zur Selbstreflexion an und hilft, Lösungen zu finden und eine eigene Position, eigene Zukunftsperspektiven zu entwerfen.

Dadurch vermittelt der Griechisch-Unterricht grundlegendes Orientierungswissen und Wertebewusstsein, Eigenständigkeit im Denken und Kritikfähigkeit.

Fremdwörter und Fachwortschatz
Griechisch ist eine Wissenschaftssprache: Die traditionellen Studienfächer, darunter Medizin, Pharmazie, Philosophie, Theologie, Natur-, Sprach- und Politikwissenschaften, schöpfen ihren Fachwortschatz nicht nur und ausschließlich – wie oft angenommen wird – aus dem Lateinischen, sondern insbesondere auch aus dem Griechischen.

Was ansonsten als unverständliche Buchstabenkombination erscheint, ist für Griechisch-SchülerInnen oft leicht zu verstehen. Wenn beispielsweise ein Arzt einen neuen Patienten bekommt, führt er eine „Anamnese“ durch: Er befragt den Patienten, welche Medikamente er schon genommen hatte, um darauf die weitere Medikation abzustimmen. „Anamnese“ benennt diesen Vorgang aber eigentlich aus der Patientenperspektive, denn er soll sich gemäß der griechischen Bezeichnung seine bisherige Medikation „wieder in Erinnerung rufen“.

Es gibt aber auch viele griechische Wörter, die sowohl in den deutschen als auch in den internationalen Wortschatz eingegangen sind und deren fremder Ursprung oft nicht erkennbar ist. Angefangen mit „Akademisches Gymnasium“: „Akademisch“ als Beiname für Bildungseinrichtungen stammt von der in der Antike bedeutendsten Schule, der Akademie des Philosophen Platon. Diese erhielt ihren Namen von dem Grundstück, auf dem sie gebaut war; und dieses wiederum war dem athenischen Helden Akademos geweiht, der die Stadt vor Castor und Pollux gerettet haben soll. „Gymnasium“ (gr.: gymnasion) war ursprünglich die Bezeichnung für eine Sportstätte (vgl. Gymnastik). Das Wort entstand aus dem Adjektiv „gymnos“ = nackt, denn in der Antike pflegte man Sport ohne jegliche Bekleidung auszuüben.

Gewisse heutige Wörter lernt man erst richtig zu verstehen, wenn man ihren Ursprung kennt. „Arzt“ kommt z. Bsp. von „Archiatros“ (übers. Oberarzt), aus der Vorsilbe Arch- wurde Arzt. Dagegen wurde „Architekt“ (übers. oberster Baumeister) direkt dem Griechischen entnommen, aber es kam zu einer Bedeutungsverschiebung. So auch bei „Chirurg“ (gr. cheirurgos, übers.: Handwerker aus gr. cheir: Hand und ergon: Werk) und „Idiot“ (gr: idiotes, übers: Privatmann).

Beim gemeinsamen Besprechen der griechischen Vokabeln werden daher auch immer deutsche Fremd- und Lehnwörter besprochen, was die neu erworbenen Kenntnisse unmittelbar anwendbar macht.

Solide Allgemeinbildung
Die Griechen zeigten kulturelle Höchstleistungen in der Literatur, der Kunst, dem Theater und der Architektur, und bilden damit das Fundament europäischer Bildungskunst. Daher kommt den alten Griechen auch heute noch in vielen Studienfächern Bedeutung zu:
Bei vielen europäischen Sprach- und Literaturwissenschaften stehen die griechischen Klassiker auf der Leseliste; auch die Entstehung und frühe Entwicklung der ursprünglichen Literaturgattungen Epos, Lyrik und Drama wird behandelt.

Auch die Rhetorik baut noch auf den Theorien der Sophisten und anderer griechisch-antiker Redner und Redekünstler auf, und ein Studium der Philosophie ist ohne die klassischen Philosophen unvorstellbar. Der britische Philosoph A. N. Whitehead sah die europäische Philosophie gar als bloße Fußnote zu Platon.

Im Theater– oder Regiestudium gehören Kenntnisse über das antike Theater zum Grundwissen, denn griechische Tragödien werden nach wie vor inszeniert.

Ferner werden auch in den Studienfächern Geschichte, Politikwissenschaften, Jus und Architektur antike Inhalte behandelt.

Griechisch bietet also eine solide Wissensbasis für spätere Ausbildungen, ist aber auch eine gute Grundlage für kreatives (Neu-)Denken: Es erweitert den Horizont und lädt dazu ein, vermeintlich fremde Denkweisen aus dem Heute heraus zu reflektieren.

Dies machten sich viele große Persönlichkeiten der europäischen Geschichte individuell nutzbar. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: In der Psychologie entwickelte Siegmund Freud seine Ödipus-Theorie nach dem griechischen Mythos, ebenso wie Carl Gustav Jung seine Theorie vom Archetypus.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche, ursprünglich selbst klassischer Philologe, begründete auf Basis der griechischen Göttervorstellung seine Theorie der apollinischen und dionysischen Kunst; und den Nihilismus sah er als Ergebnis eines Prozesses, den er bei Sokrates beginnen lässt.

Und gerade auch in der Literatur gibt es eine reichlich fließende Rezeption des griechischen (Sagen-)Stoffs, von den großen Dichtern und Denkern wie Schiller und Goethe (z.B. Iphigenie auf Tauris) bis zu modernen Autoren der Gegenwart, wie etwa den österreichischen Schriftstellern Vea Kaiser und Michael Köhlmeier.

Schließlich genießen Kenntnisse der klassischen Sprachen ein hohes Ansehen in der Bildungswelt, da sie vielseitiges Interesse und Anstrengungsbereitschaft zeigen.

Unterrichtsablauf

Der Elementarunterricht (1. bis 3. Semester) fokussiert sich auf das Erlernen und Festigen der sprachlichen und kulturgeschichtlichen Grundlagen, auf deren Basis dann nach etwa eineinhalb Jahren der Übergang in den Lektüreunterricht (4. bis 8. Semester) stattfindet. Grundwortschatz sowie Formen- und Satzlehre wird in der ersten Phase anhand des Lehrbuchs Kantharos (Verlag Klett 2018) erarbeitet. Danach werden in der Lektürephase nur noch wenige neue Vokabeln und Grammatik gelernt, stattdessen geht es an die großen literarischen Klassiker, die – auch mithilfe des Wörterbuchs – im Original gelesen werden.

Der Griechisch-Unterricht ist bestimmt durch eine kombinierte Beschäftigung: Sprache, Literatur und Kultur bilden eine Einheit. Es geht nicht um die aktive Sprachbeherrschung: Die Sprache ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Verständnis der Texte und Gedankenwelt. Dementsprechend finden weder listenings noch speakings statt. Stattdessen werden von Anfang an Mythologie, Philosophie, Geschichte, Staatskunde und Kunstgeschichte der alten Griechen behandelt. Zu diesen Themen werden in der Regel in jedem Lehrjahr auch Referate gehalten.

Die Unterrichtssprache ist dabei durchgehend Deutsch.

Griechisch ist – wie Englisch, Latein und Französisch – ein Schularbeitenfach, wobei das Schularbeitenformat bereits aus Latein bekannt ist (Übersetzungstext + Arbeitsaufgaben bzw. Interpretationstext).

Ein Highlight des Griechisch-Unterrichts ist die Exkursion nach Griechenland, die zu bekannten Städten und Denkmälern führt und die SchülerInnen hautnah auf den Spuren der Vergangenheit wandeln lässt.

Häufige Fragen / FAQ

Ist die Schrift schwierig?
Nein! Denn unser Alphabet ist ein direkter Nachfahre des griechischen. Für das Erlernen der griechischen Schrift nehmen wir uns üblicherweise zwei bis drei Wochen Zeit, damit sie wirklich gut sitzt. Einige Buchstaben sind auch schon aus der Mathematik bekannt.

Ist Griechisch schwieriger als Latein oder Französisch?
Grundsätzliche bewegen sich alle 3. Fremdsprachen auf demselben Schwierigkeitsniveau. Die erlebte Schwierigkeit ist aber auch vom Lerntyp abhängig: Da es im Griechischen weder speakings noch listenings gibt, wird größerer Wert auf sprachanalytische als auf kommunikative Kompetenzen gelegt. Dies kann sehr vorteilhaft sein, wenn man weniger gern frei spricht.

Ein großer Vorteil des Griechischen ist sicherlich, dass die Arbeitsverfahren sowie ein Großteil der Grammatik bereits aus Latein bekannt sind.

Wenn ich gut in Latein bin, ist Griechisch dann eine gute Wahl?
Auf jeden Fall! Der größte Teil des Lateinwissens bringt unmittelbaren Nutzen für Griechisch: Angefangen bei den Arbeitsverfahren, über die behandelten Themen, bis hin zur Grammatik: Denn gerade die schwierigeren Phänomene gibt es fast eins zu eins in beiden Sprachen (AcI et cetera).

Und wenn ich nicht so gut in Latein bin?
Wenn man sich für Mythen, Geschichte und Philosophie interessiert, wird man mit Griechisch glücklich werden. Gerade weil es viele Überschneidungen mit Latein gibt, kann Griechisch auch als Chance genutzt werden, um Lücken im Fach Latein zu schließen und sich so die Oberstufe einfacher zu gestalten. Denn grundsätzlich werden alle Grammatikphänomene in Griechisch noch einmal von Grund auf behandelt. Nicht selten ergibt sich dadurch auch eine größere Klarheit im Lateinischen.

Kann ich später noch Griechisch lernen?
Nur mehr an manchen Universitäten im Rahmen eines einjährigen Graecum-Kurses. Allerdings sind diese Kurse in erster Linie auf das Bestehen einer Prüfung ausgelegt. Nach der Schulzeit ergeben sich somit kaum noch Chancen, sich so eingehend mit der griechischen Sprache und Kultur zu beschäftigen wie in der Schule.